4+1 – Freiräume für Weiterentwicklung oder wie Weiterbildung im 21. Jahrhundert funktioniert

By | 30. August 2012

4+1 lautet die Formel bei Itemis, einem deutschen Softwarehaus mit rund 140 Mitarbeiter (http://www.itemis.de/).  4 Tage lang arbeiten die Mitarbeiter an Kundenprojekten, den fünften Tag bilden sie sich weiter. Jeder Mitarbeiter entscheidet frei, ob er ein Open-Source-Projekt durchführt, einen Fachartikel verfasst, neue Wissensgebiete erschließt oder das Teamwork optimiert. Mitarbeiter werden nicht einfach zu Seminieren verdonnert, die sich möglicherweise gar nicht interessieren, sondern sie  sollen ihre persönlichen Interessen ausleben und sich dabei selbst qualifizieren.

Mitarbeiter haben den Freiraum, selbst über den „Wissensfreitag“ zu entscheiden. Die Unternehmensführung räumt sich lediglich ein Veto-Recht ein, dass allerdings noch nie Anwendung fand.

Nun, das klingt höchst attraktiv. Aber es stellen sich in der Praxis auch einige Fragen …

  • 20 % verlorene Arbeitszeit bedeuten eine Produktivitätsverlust von rund 10.000 Euro pro Mitarbeiter und in Summe rund 1,5 Millionen Euro. Aber man traut sich zu behaupten, dass viele Unternehmen eine Produktivitätsverlust von rund 20 % haben, sei es durch Demotivation, Krankenstände, schlecht funktionierende Prozesse, miese Seminare, unnötige Besprechungen …
    Dieser „Verlust“ von Itemis aber ist kein Verlust, sondern diese „Investition“ wirkt sich auf die Motivation der Mitarbeiter und die Weiterentwicklung der Mitarbeiter aber auch des gesamten Unternehmens aus. Ein weiterer Nebeneffekt ist die Steigerung der Arbeitgeberattraktivität, was High Potentials anzieht und hält.
  • Wir alle machen die Erfahrung, dass uns Projekte, speziell Kundenprojekte mit festgelegten Zeitplänen, unter Zeitdruck setzen. Ist es dann nicht so, dass man auf seinen Wissenstag eher verzichtet, um sich nicht noch mehr dem Stress auszusetzen und um rechtzeitig fertig zu werden?
  • Und können alle Mitarbeiter mit dem Freiraum umgehen? Wollen Sie ihn überhaupt nutzen?
    In der Tat ist dieses Modell sicher nicht für jeden Mitarbeiter attraktiv. Aber …
    … dieses Modell zieht vorwiegend Mitarbeiter an, die sich darin entfalten wollen.
    … und man kann lernen lernen. Im System und dem Team lebt man auf und motiviert und inspiriert sich gegenseitig.
    Und um hier nochmals auf die 2. Frage zum Zeitdruck zurückzukommen. Die Mitarbeiter werden auf ihren Wissensfreitag bestehen und daher, sollte es mal aus Zeitgründen nicht möglich sein, sich die Zeit wahrscheinlich ein ander Mal wieder zurückholen.

 

Das 4+1 Prinzip von Itemis ähnelt Systemen bei Google und 3M, wo Mitarbeiter Freiräume für ihre Ideen erhalten. Aber dieses System scheint noch effektiver zu sein und wesentlich weiter zu greifen. Es geht nicht nur um Ideen, die Produkte (weiter)entwickeln, sondern Mitarbeiter werden motiviert, sich selbst und auch das Unternehmen mit ihren Prozessen und der Organisation weiterzuentwickeln.

Damit es funktionieren kann, muss aber die Unternehmenskultur passen. Führung ist der Erfolgsfaktor – Vorgesetzte müssen voll dahinter stehen, und den Wissenstag fördern und auch einfordern. Sie müssen für die richtigen Rahmenbedingungen sorgen, dass Mitarbeiter ihre Zeit nutzen, um sich selbst, Produkte und Prozesse weiterzuentwickeln. Die Lernende Organisation ganz einfach umgesetzt …

Siehe auch: 80.000 Innovationsmanager – Die 15 % Regel bei 3M

Quelle: Business Querdenker Förster & Kreuz, http://home.foerster-kreuz.com/2011/09/itemis-wie-weiterbildung-wirklich.html

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