Think INSIDE the Box – Vorstellung der Kreativitätsmethode „Systematic Inventive Thinking“

By | 6. Oktober 2016

Moment, ist das nicht ein Fehler im Titel. Sollte es nicht „Think Outside the Box“ heißen?

Nein, ist es nicht. Es geht um die Methode Systmatic Inventive Thinking (SIT), die die Prinzipien verfolgt, dass man bei Problemlösungen die Ressourcen in Betracht ziehen soll, die unmittelbar verfügbar sind (Closed World). So entdeckt man bahnbrechende Innovationen direkt vor der Nase.

cubes-677092_1280SIT ist mit TRIZ verwandt. Die Arbeitsmethode umfasst fünf Vorlagen zur Lösung von Problemen und Entwicklung von Innovationen.

  • Subtraction
  • Division
  • Mulitplication
  • Task Unification
  • Attribute Dependency

Die Reifenpanne und die Closed World

Im Buch „Inside the Box. Innovation mit Methode.“ beschreiben die Autoren das Erlebnis einer Reifenpanne zwei junger Ingenieure der Aeronautik. Der Reifenwechsel ist eigentlich kein Problem. Aber als sie mit dem Kreuzschlüssel die Radmutter aufdrehen wollten, stellten sie fest, dass sie eingerostet waren. Es war 1990, daher gab es noch keine Handys, um Hilfe zu holen. Hilfsmittel wie Pannensprays oder Rohre zur Verlängerung der Hebel waren nicht verfügbar, daher mussten sie in der „Box“, dem Auto, suchen. Die Lösung war der Wagenheber, Genaueres im Bild unten. Das war ein prägendes Erlebnis der beiden Ingenieure und die Geburtsstunde von Systematic Inventive Thinking (SIT).

Quelle: Inside the Box

Quelle: Inside the Box

Grundprinzip „Closed World“

Diese Geschichte erklärt das Prinzip der Closed World bestens. Man sucht nach Lösungen in unmittelbarer Nähe, was aber nicht ausschließt, dass man auch nach Lösungen in der Umgebung sucht. Doch die Autoren stellen fest, dass man umso weniger kreativ ist, umso mehr man sich vom Thema entfernt.

Man kann es auch mit folgender Situation in einem Kreativworkshop vergleichen, die sicher einige gut nachvollziehen können: Fragen Sie ein Team nach Ideen zum Beispiel für ein neues Produkt für Kinder. Es wird dauern, bis Ideen kommen oder der Ideenfluss bricht schnell ab. Grenzt man den Raum ein, zum Beispiel nennt man ein konkretes Bedürfnisse oder eine Situation, werden erstens Ideen schneller kommen, zweitens mehr Ideen kommen und drittens wahrscheinlich konkretere Ideen kommen.

Das Prinzip „Closed World“ setzt darauf, dass bahnbrechende Innovationen meist direkt vor der Nase liegen. Kreativität wird durch Begrenzungen und nicht durch Freiheiten gefördert.

Grundprinzip „Function follows Form“

Auch dieses Prinzip geht entgegen einer allgemeinen Annahme. Die meisten glauben, zuerst muss ein Problem definiert sein und dann sucht man nach Lösungen (wie bei Design Thinking, was dort ein wesentlicher Erfolgsfaktor ist, also es gibt kein richtig oder falsch, es ist immer methoden-abhängig).

Aber es funktioniert auch andersrum: Man fängt mit einer abstrakten Lösung an und arbeitet sich von dort zum Problem zurück. Bei SIT kreiert man eine Form und sucht dann nach Funktionen. Deutlich wird dieses Prinzip bei der folgenden Vorstellung der Techniken.

Diese fünf Techniken können für bestehende Produkte und Services angewendet werden, um sie zu innovieren, eine bessere Generation zu entwickeln, sich von der Masse zu differenzieren …

Technik 1 „Substraction“

Bei der Substraction wird etwas eliminiert, das für wichtig und nötig gehalten wird. Dann überlegt man, wie man die quasi verlorene Funktion anders lösen kann und kommt auf kreative neue Ansätze.

Ein Beispiel ist ein Anästhesie-Gerät, wo der Bildschirm entfernt wird. Die Lösung ist die Anzeige über den Hauptbildschirm im Operationssaal, was für die Ärzte wesentliche Vorteile bringt.

Technik 2 „Division“

Bei der Division werden Komponenten aufgeteilt und neu zusammengesetzt. Durch eine neue Konfiguration entsteht ein neuer Nutzen.

Beispielsweise wurde der Motor der Klimaanlage entfernt und durch eine Positionierung außerhalb des Gebäudes entsteht damit kaum Lärmbelästigung.

Technik 3 „Multiplication“

Bei der Multiplication wird einfach eine Komponente kopiert und verändert.

Beispiel: Mehrfachrasierklinken, die unterschiedliche Funktionen haben, wie die erste Klinke richtet das Haar auf, die Zweite schneidet …

Technik 4 „Task Unification“

Bei einem Prozess, einem Produkt oder einer Dienstleistung überträgt man einer Komponente oder Ressource eine zusätzliche Aufgabe.

Jeder kennt Captcha, wenn man im Web bei einer Bestell- oder Anmeldemaske fast unleserliche Buchstaben eingeben muss. Zweck ist die Sicherstellung, dass am anderen Ende ein Mensch und kein Robotor sitzt. Captcha wird auch als reCaptcha von Google zur Digitalisierung von Büchern genutzt.

Quelle: Wikipedia / Google ReCaptcha

Technik 5 „Attribute Dependency“

Diese ist die komplizierteste, aber auch weit verbreitetste Technik. Dabei werden Eigenschaften und Variablen eines Produktes, die kein Verhältnis haben, verbunden. Dazu bietet SIT eine Methodik an, die man durchspielen kann.

Beispiele sind Scheibenwischer, die ihre Geschwindigkeit der Regenmenge anpassen oder Frontscheinwerfer, die bei Gegenverkehr automatisch abblenden.

Fazit

sitSystematic Inventive Thinking ist eine großartige Kreativitätsmethode, besonders zum Innovieren von bestehenden Produkten. Einzigartig sind die Prinzipien der Methode, entgegen vielen allgemeinen Sichtweisen und das macht sie besonders spannend. Und mit schon etwas Methodenkompetenz zu den fünf Techniken kann man schon bahnbrechende Ideen generieren.

Mehr Erfahren? 

Dazu empfehlen wir das Buch „Inside the Box. Innovation mit Methode“ (Herausgeber Philipp Gasteiger, Autoren Drew Boyd und Jacob Goldenberg, Symposion Publishing, 2. Auflage, 2016), das auch die Quelle dieses Artikels ist. Das Buch ist sehr umfangreich, bietet viele Beispiele und ist für jene, die mehr erfahren wollen, sehr zu empfehlen!

Buch auf Amazon.de: http://amzn.to/2e577GQ 

Weitere Informationen: http://www.sitsite.com/ 

 

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