Gastbeitrag von Gerhard Drexler
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„Die Delphi-Expertenumfrage ist eine Ideenfindungs-, Meinungsbildungs- und Prognosemethode, welche die Einsichten und Zukunftseinschätzungen ausgewählter Fachleute systematisch erhebt und ausmittelt“ (VDI, 1991).
Früher wurden Delphi Studien als langwierig und aufwändig beurteilt, da die Versendung und Bewertung von Fragebögen in mehreren Durchgängen viel Zeit und Kosten verursachte. Heute, wo sehr bedienungsfreundliche und günstige Online-Umfragetools zur Verfügung stehen, lässt sich eine Delphi Umfrage relativ einfach und effizient durchführen, wodurch ihr Einsatz im Bereich Ideengewinnung und –evaluierung im Sinne der Weisheit der Vielen gute und schnelle Ergebnisse erzielen kann.
Delphi wende ich derzeit zum Zweck der Findung von Ideen für neue und verbesserte Produkte hautsächlich nach folgendem Schema an:
- Formulierung von einer Reihe von offenen Fragen zum gewünschten Thema (z.B. Wie könnte das Produkt XY die Kundenanforderungen noch besser erfüllen?) und Erstellung eines Fragebogen.
- Versendung des Fragebogens an interne und/oder externe Experten, die zum gewählten Thema beitragen können.
Dazu stehen im Internet schon viele kostengünstige Umfragetools zur Verfügung, die eine einfache Erstellung und Auswertung eines Fragebogens ermöglichen. - Sammlung der Antworten und Auswertung der Aussagen durch ein Gremium von möglichst neutralen Personen. Dabei ist es wichtig, die von den Teilnehmern beschriebenen Gedanken und Ideen zur weiteren Konkretisierung im nachfolgenden Teil der Umfrage zu identifizieren, zu kategorisieren und zu verdichten.
- Formulierung von quantitativen Fragen, die aus der Verdichtung der Antworten aus dem ersten Teil der Umfrage abgeleitet wurden (z.B. Für wie wichtig bewerten Sie die Eigenschaft XY des Produktes auf einer Skala von 1-5?) und Erstellung eines neuen Fragebogens. Zusätzlich sollte aber auch in dieser Runde abgefragt werden, ob es neue oder zusätzliche Aspekte zu der gesamten Thematik gibt.
- Versendung des Fragebogens an die Experten.
- Auswertung der Antworten mittels Basistools wie Balkendiagrammen und /oder Methoden wie Gap-Analysen, Benchmarks, etc.
- Durchführung einer weiteren Befragungsrunde als Option, z. B. durch Einbeziehung zusätzlicher Experten oder Kunden zur breiteren Absicherung der Ergebnisse oder Diskussion neuer Aspekte.
Die Erfahrung mit dieser Methode in der betrieblichen Anwendung hat gezeigt, dass besonders die Kombination von qualitativer erster Phase (Kreativphase, Ideenfindung) und quantitativer zweiter Phase (Ideenbewertung, Priorisierung) zu sehr gut abgestimmten und tragfähigen Lösungen zur Verbesserung oder Neuentwicklung von Produkten führen kann. Durch die Abwicklung über das Inter- oder Intranet kann die Befragung rasch und bei Bedarf auch anonym durchgeführt werden.